Aufwendige Modernisierung der Lechkanal-Kraftwerke

Kraftwerk Meitingen.
Einheben eines der neuen Laufräder am Kraftwerk Meitingen.

Mittlerweile sind bei dem 2015 gestarteten und bis 2017 andauernden Projekt zwei der sechs Laufräder an den drei Zwillings-Francis-Turbinen erneuert, die erste Maschine bereits in Betrieb sowie die Arbeiten an Steuerungsanlagen und Leittechnik in vollem Gange. Eine Untersuchung der Technischen Universität Graz bestätigt unterdessen die vereinbarten Erfolge bei der Wirkungsgradsteigerung.

 

Mit dem Bau eines drei Kilometer langen Kanals parallel zum Lech entstand zusammen mit dem Kraftwerk Gersthofen im Jahr 1901 der Ursprung des Lechkanals, der sich heute auf einer Länge von 18 Kilometern von Gersthofen bis Meitingen erstreckt. In der Folgezeit entstanden mit den Kraftwerken Langweid (1907) und Meitingen (1922) zwei weitere Lechkanal-Kraftwerke, die die betriebsführende Bayerische Elektrizitätswerke GmbH (BEW), eine hundertprozentige Tochter der Lechwerke AG (LEW) aus Augsburg, nun nacheinander in großem Stil modernisieren lässt.

Für die erfahrene Wasserkraftsparte der F.EE GmbH Energietechnik ist Meitingen (Ausbauleistung: 11.640 kW) neben Langweid nun das erste Lechkanal-Kraftwerk, das ein umfangreiches Retrofit erhält. Das mit Francis-Turbinen ausgestattete Kraftwerk ist das zweitälteste der BEW-Kraftwerke am Lech und nimmt in Sachen Jahreserzeugung den ersten Platz ein. In Gersthofen, wo Kaplan-Turbinen im Einsatz sind, werden durch F.EE zusätzlich die Leerschusssteuerungen modifiziert und eine Oberwasser-Durchflussregelung sowie die übergeordnete QW/Q-Regelung für den gesamten Lechkanal installiert.

F.EE, die inhabergeführte und rund 900 Mitarbeiter zählende Unternehmensgruppe aus der Oberpfalz, zählt zu den deutschen Marktführern in der Fertigungs- und Automatisierungstechnik und gliedert sich in die vier Geschäftsbereiche Elektrotech Engineering, Automation Robotik, Informatik + Systeme und Energietechnik. Für Betreiber von Wasserkraftanlagen mit Größenordnungen von 20 kW bis hin zu 20 MW und mehr konstruiert, programmiert und fertigt F.EE bereits seit über 30 Jahren innovative Schalt- und Steuerungsanlagen. Der Generalunternehmerauftrag für das Kraftwerk Meitingen ist nun – bezogen auf den Auftragswert – der größte in der fast 35-jährigen Firmengeschichte.

Mehr Ertrag bei gleicher Fallhöhe und Ausbauwassermenge – das ist das Ziel, das nun F.EE-Projektleiter Peter Fleischmann vor Augen hat. Bis 2017 erneuern er und sein Team in Meitingen sämtliche Steuerungsanlagen, Erregereinrichtungen sowie die Kraftwerksleittechnik und Fernüberwachung. Zum Einsatz kommt neben Steuer- und Regelungseinheiten der Baureihe SIMATIC S7 ein redundantes SCADA-System auf Basis von Siemens WinCC für die Bedienung und Überwachung des gesamten Kraftwerks, das speziell auf die Anforderungen und Anwendungen des Betreibers hin entwickelt wurde. Über die neue Leittechnik können sowohl die neu zu liefernden Einrichtungen, wie die Kraftwerks-Allgemeinsteuerung, Oberwasser-Durchflussregelung (OW/Q), Leerschusssteuerungen, die drei Turbinensteuerungen und statischen Erregereinrichtungen, als auch der Generatorschutz und die Synchronisierung überwacht und bedient werden. Dies gilt ebenso für alle noch verbleibenden Bestandsanlagen, wie 400V-AC-, 24V- und 110V-DC- und die 20kV-Mittelspannungsschaltanlage, die betreiberseitig erneuert wird. Für die Turbinenregelung und die OW/Q-Regelung kommen die bei F.EE entwickelten und vielfach bewährten Regelungssysteme zum Einsatz.

Im Zuge der Modernisierungsprojekte wurde unter der Leitung von Professor Stephan Theobald (Technische Universität (TU) Kassel, Fachgebiet Wasserbau und Wasserwirtschaft) eine Wasserhaushaltsregelung für den gesamten Lechkanal entwickelt. Die daraus resultierenden Erkenntnisse werden in den von F.EE zu liefernden OW/Q-Regelungen an den einzelnen Standorten sowie einer übergeordneten OW/Q-Regelung des Kanals berücksichtigt.

Für die Neulieferung der sechs wirkungsgradverbesserten Laufräder, die Trennung der Leitapparate an der Turbine 1 sowie die anfallenden Revisionsarbeiten an den drei Maschinengruppen beauftragte F.EE die Firma Kochendörfer Wasserkraftanlagen aus Pleystein, ein Unternehmen mit langjähriger Erfahrung in der Maschinentechnik, das sich auch für die Hydraulikaggregate sowie für die Kühl- und Schmiersysteme verantwortlich zeichnet. Die Sicherheit vor Störungen wird dadurch deutlich erhöht und das Revisionsintervall verlängert. „Hier kommt es vor allem auf den Einsatz qualitativ hochwertiger Komponenten und Erfahrung im Bereich der Wasserkrafttechnik an“, erläutert der Projektleiter.

Die Laufräder mit einem Durchmesser von 2,4 Meter zeichnen sich besonders durch eine Optimierung hinsichtlich des Kavitationsverhaltes gemäß IEC 609 aus. Sie sollen durch ihren verbesserten Wirkungsgrad im Zusammenspiel mit der optimierten Steuerung und OW/Q-Regelung des Turbinenbetriebs sowie der Aufteilung der Leitapparate der Turbine 1 für eine beachtliche Ertragssteigerung von jährlich über 10 Prozent sorgen – ein für den Auftrag entscheidendes Detail im F.EE-Gesamtkonzept für die Modernisierung des Kraftwerks.

Im Zuge des Projekts war eine Wirkungsgradsteigerung vertraglich vereinbart worden. Das Institut für Hydraulische Strömungsmaschinen der Technischen Universität (TU) Graz verifizierte und bestätigte dies durch Messungen nach IEC 60041 an einer der nun erneuerten Maschinen bereits. Ein Erfolg, der den Auftraggeber BEW in seiner Entscheidung für F.EE bestätigt und Peter Fleischmann ganz besonders freut: „Dank unserer Expertise und der Erfahrung unserer Partner gelingt es uns anhand dieses Projektes ein weiteres Mal unter Beweis zu stellen, dass wir den Benchmark bei Energie- und Kraftwerkstechnik setzen können. Die Fokussierung auf unsere eigenen Softwarelösungen für Steuerungs- und Regelungstechnik zusammen mit unserem bewährten Know-how im Schaltschrankbau bringen uns und unsere Lösungen hier in eine hervorragende Wettbewerbsposition für weitere Großprojekte auch als Generalunternehmer.“

Die Arbeiten am Kraftwerk Meitingen sind nach wie vor in vollem Gange, um das Ziel für die Inbetriebnahme an der letzten der drei Maschinen im Dezember 2016 einzuhalten. Die Folgeprojekte über die Maßnahmen in Langweid und Gersthofen ab 2017 befinden sich jeweils in der Vorplanung. Für den Betreiber BEW und den Eigentümer LEW, der im Wasserkraftwerk Langweid auch das bei Besuchern beliebte Lechmuseum Bayern mit seiner begehbaren historischen Turbinenkammer und modern aufbereiteten Informationen zu Natur, Kultur und Geschichte des Lechs bereithält, ist es eine nachhaltige und vielversprechende Investition in die Zukunft.


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